Wir haben uns nun sehr ausführlich mit
dem (evang.) kirchlichen Glaubensweg befasst und haben festgestellt, dass die
Lehre beinahe aller Kirchen (Denominationen), soweit sie auf der
Rechtfertigungslehre Luthers basieren, voller Widersprüche und Irrungen sind.
Ich rede hier ausschliesslich von der Lehre der Kirchen, vom Dogma und bin mir
bewusst, dass es in diesen Kirchen unzählige Glaubensgeschwister gibt, welche
ehrlich und aufrichtig der Wahrheit ergeben sind. In allen Kirchen gibt es
Brüder und Schwestern, welchen Jesus Christus das Ein und Alles ist. Diese sind
es, welche eine innige Beziehung zu unserem Erretter und Bruder haben. Doch
wird leider diese Beziehung durch das strenge Dogma in engen Schranken
gehalten, wie wir noch sehen werden.
Der Glaubensweg, oder die Glaubenspraxis,
welche vor allem anderen genau diese innige Beziehung zu Jesus Christus zum
Inhalt hat, ist die Christliche Mystik. Wir werden uns im Folgenden darüber
unterhalten, was Christliche Mystik ist, was
die hauptsächlichsten Unterschiede zum lutherischen Kirchenglauben sind,
welche Voraussetzungen man mitbringen sollte, um im Glauben und in der
Entwicklung weiterzukommen und wo allenfalls die Gefahren lauern.
Was
ist Christliche Mystik?
Zu allererst möchte ich darauf hinweisen,
dass Mystik nicht einfach Mystik ist. Wer sich nicht mit diesem Thema
eingehender befasst hat, für den gibt es wohl keine Unterschiede, denn Mystik
heisst für ihn Gotteserfahrung in der Ekstase. Heute nennt man das esotherische
Erfahrungen und davon distanzieren wir uns deutlich. Wenn wir über die Voraussetzungen
und die Gefahren der Mystik sprechen, wird das Problem dann klarer.
Der wahre und aufrichtige Glaubensweg ist
die Beziehung mit Christus in unserem Inneren, in unserem Herzen. Um Ihn dreht
sich alles, Er ist der Mittelpunkt und der Mystiker erkennt nur mehr Ihn als
Wirklichkeit und für ihn ist die Welt, die Materie und das Vergängliche eine
Täuschung. Er weiss, dass er in dieser Welt nur ein Fremdling, fern der Heimat,
als Einzelgänger und von der Mitwelt kaum akzeptiert aber meistens verkannt
wird. Von seiner wahren Heimat zeugt sein Inneres, deshalb pflegt er vor alles
sein Innenleben oder seine Innenlebenssphäre im Gegensatz der Weltmenschen,
welche vor allem im Aussen oder in der Aussenlebenssphäre leben.
Für den Mystiker ist es das Wichtigste,
dass er das stete Bewusstsein der Gegenwart Christi pflegt. Er liebt die
ungestörte Stille und ist zu dieser Stille auch immer fähig, selbst wenn um ihn
herum die heftigsten Stürme des Lebens toben.
Der Mystiker erkennt und erlebt, was
seine kirchlichen Glaubensgeschwister in der Bibel lesen. Christus ist die
Salbung und deshalb ist der Mystiker an der Quelle und hat es nicht nötig, dass
ihn jemand lehre, denn er ist und wird von Gott gelehrt. Auch wenn das für die
meisten als „zu fantastisch“ klingt, schert er sich nicht um solche Kritik, er
begegnet dem Unverständnis mit seiner innewohnenden Liebe.
Der Mystiker erlebt die Nähe Christi und
erfährt Seine tatsächliche Gegenwart durch Eingebungen, Visionen und
Offenbarungen bei vollem Tagesbewusstsein. Diese Nähe Christi braucht keine
Ekstase und keine Trance, denn wenn solches auftritt, dann läuft ziemlich
sicher etwas schief.
Der Mystiker sehnt sich nach seinem
höchsten Ziel, dem Einssein (unio)
mit Christus. Der Weg dazu ist die Stille. Ich wiederhole den letzten Abschnitt
der Seite „Stille“ dieser Homepage:
In der Stille können wir Christus erfahren. Wir
erleben, dass Zeit und Raum schwindet und nur noch das Jetzt das einzig Wahre
ist. Im Jetzt liegt die Ewigkeit. Ist Christus in uns, so ist im Jetzt die
Liebe und das Leben für die Ewigkeit in uns. In der Stille werden wir uns immer
mehr bewusst, mit Christus, dem Vater Eins zu sein. Christus erleben wir bald
als über-heilig, über-mächtig, aber als Freund und als Bruder. Mit dem Einssein
mit Ihm erben wir auch alles, was Christus und des Vaters ist. Das Licht und
die Kraft, mit der er uns auf der Erde wirken lässt zur Verherrlichung Seines
Namens in Seinem Willen. Das Eins sein mit Christus kann mit menschlichen
Worten nicht beschrieben werden. Sind wir eins mit Ihm, brauchen wir auf dieser
Welt nichts mehr, es fliehen uns dann alle Bedürfnisse, wir fragen nach nichts,
weder von dieser Welt wie auch nach nichts im Himmel. Christus ist das Leben.
Und es ist schon in uns. Werden wir uns dessen bewusst!
Alle alten Mystiker seit den Urchristen
erlebten, dass Gott (Christus) nicht ausserhalb von uns, sondern innen in uns
lebt. Augustinus (354 bis 430) sagt uns das mit folgenden Worten:
„Wie aber soll ich anrufen ihn, meinen Gott und Herrn?
Denn zu mir hinein rufe ich ihn ja, wenn ich ihn anrufe. Wie heißt die Stätte,
dahin mein Gott komme zu mir, wohin der Gott komme zu mir, der Himmel und Erde
gemacht hat? So ist also, Herr mein Gott, etwas in mir, das dich zu fassen
vermag? Fassen dich denn Himmel und Erde, die du gemacht hast und in deren
Bereich du mich geschaffen? Oder faßt dich deshalb alles, weil ohne dich nicht
wäre, was ist? Da nun auch ich bin, was bitte ich dich denn, in mich zu kommen,
der ich nicht wäre, wenn du nicht wärst in mir? Denn noch bin ich nicht im
Reiche des Todes, und doch bist du dort. Denn bettete ich mich auch in die
Hölle, siehe, so bist du auch da. Ein Nichts wäre ich, mein Gott, wäre
überhaupt nicht vorhanden, wenn du nicht wärest in mir. Oder ich wäre vielmehr
nicht, wenn ich nicht wäre in dir, von dem alles, durch den alles, in dem alles
ist. Ja, so ist es, so ist es, o Herr. Wenn ich dich anrufe, wohin rufe ich
dich, da ich ja bin in dir? Von wannen sollst du kommen zu mir? Wohin sollte
ich wohl gehen über Erde und Himmel hinaus, daß von da käme zu mir mein Gott,
der da gesprochen: Bin ich es nicht, der Himmel und Erde füllt?“
Unterschiede
zum Luther-Evangelium
Der Glaubensweg oder die Glaubenspraxis
der Mystiker und der Kirchen sind nicht nur unterschiedlich, sie könnten
gegensätzlicher gar nicht sein!
Der Mystiker fragt nicht nach einer
Rechtfertigung vor Gott, denn eine Rechtfertigung hat immer etwas mit einem
Gesetz zu tun. Für ihn ist alles auf die Gnade ausgerichtet und er weiss, da
Christus der wahre und erlebbare Freund und Bruder ist, dass weder Gesetz noch
die Rechtfertigung von der Gotteskindschaft zeugt, sondern er erlebt und
erfährt das täglich von Christus selbst.
Wie schon angesprochen, der Mystiker lebt
sein Innenleben, den Kirchenchristen ist das von Luther jedoch strengstens verboten,
ja mehr noch: alle diejenigen, welche „
... so lehren, dass wir ohn das leiblich Wort des Evangelii (d.h. ohne
durch die Predgt) den heiligen Geist
durch eigene Bereitung (Heiligung),
Gedanken (Meditation und Kontemplation)
und Werk erlangen“ verdammt werden (CA Art. V). Noch heute wirkt dieser
Fluch Luthers, denn Mystik, Meditation und Kontemplation ist das Rote
Tuch für die lutherianische Theologie. Rudi Holzhauer z.B. schreibt in seinem
Buch Verführungsprinzipien, von „Die mystische Erfahrung als okkultes
Grenzphänomen“ und vermischt dabei alles fröhlich miteinander, die
Christliche, die esotherische und die Buddhistische Mystik und kommt dann zum
Schluss, dass Mystik eine verwerfliche Irrlehre ist. Allerdings muss man dabei
sagen, dass es durchaus Gefahren gibt. Wir kommen noch darauf zurück.
Für den Lutherianer gilt: Sola scriptura, das heisst „nur die Bibel allein“. Würde man diese
Worte Luthers ernst nehmen, so dürften logischerweie auch die Schriften Luthers
(grosser und kleiner Katechismus und alle anderen) nicht gelesen werden. Die
Lutherianer stellen sich noch heute auf den Standpunkt, dass alle Wahrheiten in
der Bibel stehen und dass wir „weitergehende Informationen“ der Göttlichen
Wahrheit nicht bedürfen.
Der Mystiker liest zwar auch in der
Heiligen Schrift und erkennt, dass sie Gottes Wort ist. Aber er weiss auch,
dass Jesus vor Seiner Auffahrt versprochen hat, dass Er den Heiligen Geist
aussenden wird, der uns in alle Wahrheit führen wird. Johannes stellte fest,
dass die Salbung uns alles lehrt und wir nicht bedürfen, von Menschen gelehrt
zu werden.
Hier sehen wir den Kernpunkt: Das
Kirchendogma ist ein äusseres Evangelium, den Heiligen Geist erhält der
Gläubige nur von aussen, also durch die Predigt oder durch das Bibelstudium.
Die Bibel allein enthält die Wahrheit – und diese wird nur durch die
Aussenlebenssphäre vermittelt.
Der Mystiker aber kennt das innere
Evangelium, weil es durch die Eingabe im Herzen erkannt wird. Die Lehre, welche
durch die Predigt vermittelt wird, ist sogar äusserst gefährlich, weil jeder
Prediger das Evangelium nur subjektiv vermitteln kann, wie die vielfältigen und
auseinander gehenden Lehrmeinungen der evangelischen Theologie zur Genüge
beweist. Chritus im Herzen aber lehrt das wahre Evangelium und ist nicht an die
sinnlichen Genüsse der Sonntagmorgen-Events gebunden. So denkt der
Kirchenchrist mit dem Kopf, der Mytiker mit dem Herzen.
Die Mission, also das Weitergeben des
Evangeliums ist ebenso gegensätzlich. Die Kirchen organisieren die Mission mit
riesigem Ideenreichtum, mit grossen finanziellen Ressourcen und durch extra
ausgebildete Evangelisten. Der Mystiker aber ist still und gibt das Evangelium
ohne Worte weiter! Er lebt das Evangelium und wenn er gefragt wird, " „... was muss ich tun, ich möchte so sein
wie du! ...“, dann ist für ihn der Moment gekommen, Zeugnis zu geben.
Das Sinnen und Trachten der
Kirchenchristen ist nach aussen gerichtet. Beinahe jeder Kirchenchrist hat
einen Fernseher zu Hause stehen. Er interessiert sich für das, was um ihn herum
und in der Welt draussen passiert, er verfolgt in der Regel auch das
Sportgeschehen wie das Wirtschaftsleben und kann dieses Interesse auch mühelos
mit der Bibel begründen.
Der Mystiker erträgt solche materielle
Störungen nicht. Er liebt Gott aus ganzem (nicht geteiltem) Herzen, ganzer
(nicht geteilter) Seele und mit seinem ganzen (nicht geteilten) Denken
und sinnt über sein Wort Tag und Nacht. So ist er wie ein Baum, am Wasserbach
gepflanzt, der seine Frucht bringt zu seiner Zeit.
Die Befriedigung der Bedürfnisse ist ein
weiterer Punkt, in welchem sich die Wege der Kirchenchristen und jene der
Mystiker unterscheiden. Al Weckert hat eine umfassende Bedürfnisliste
zusammengestellt, die vorwiegend für den unreligiösen Weltmenschen Gültigkeit
hat. Nun ist es interessant, inwieweit diese Liste auch für die frommen
Weltmenschen gilt, wie nun jedermann selber feststellen kann:
AUTONOMIE
Freiheit, Selbstbestimmung
KÖRPERLICHE
BEDÜRFNISSE
Luft, Wasser, Bewegung, Nahrung, Schlaf, Distanz,
Unterkunft, Wärme, Gesundheit, Heilung, Kraft, Lebenserhaltung
INTEGRITÄT /
STIMMIGKEIT MIT SICH SELBST
Authentizität, Einklang, Eindeutigkeit,
Übereinstimmung mit eigenen Werten, Identität, Individualität
SICHERHEIT
Schutz, Übersicht, Klarheit, Abgrenzung, Privatsphäre,
Struktur
EINFÜHLUNG
Empathie, Verständnis (i. S. von verstanden =
“gesehen“ werden), Gleichbehandlung, Gerechtigkeit
VERBINDUNG
Wertschätzung, Nähe, Zugehörigkeit, Liebe,
Intimität/Sexualität, Unterstützung, Ehrlichkeit, Gemeinschaft, Geborgenheit,
Respekt, Kontakt, Akzeptanz, Austausch, Offenheit, Vertrauen, Anerkennung,
Freundschaft, Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Toleranz, Zusammenarbeit
ENTSPANNUNG
Erholung, Ausruhen, Spiel, Leichtigkeit, Ruhe
GEISTIGE
BEDÜRFNISSE
Harmonie, Inspiration, „Ordnung“, (innerer) Friede, Freude,
Humor, Abwechslungsreichtum, Ausgewogenheit, Glück, Ästhetik
ENTWICKLUNG
Beitrag, Wachstum, Anerkennung, Feedback, Rückmeldung,
Erfolg im Sinne von Gelingen, Kreativität, Sinn, Bedeutung, Effektivität,
Kompetenz, Lernen, Feiern, Trauern, Bildung, Engagement
Alle, oder mindestens die meisten dieser
Bedürfnisse sind beinahe bei allen „normalen“ Menschen anzutreffen, ob sie nun
im kirchlichen Sinne gläubig oder wiedergeboren sind. Für sie bedeutet es „das
Leben“, diese Bedürfnisse zu befriedigen, so gut es eben geht. Sie sagen sich,
dass diese Bedürfnisse von Gott gegeben sind und daher es auch rechtens sei, so
lange wie wir in diesem menschlichen Leibe verweilen, darauf einzugehen.
Anders ist es beim Mystiker. Er weiss,
dass die allermeisten Bedürfnisse aus dem unerlösten Seelenleib und von den
ungegorenen (unausgereiften) und gerichteten Naturgeister im fleischlichen Leib
stammen. Damit nun auch diese Geister vom Geist Gottes durchstrahlt werden
können, versucht der Mystiker stets mehr und mehr diese noch unreinen Geister
zu dominieren, indem er deren Drängen nicht nachgibt. Damit erfüllt er auch die
Bedingungen in der Heiligen Schrift, wenn etwa Johannes schreibt, man soll die
Welt nicht liebhaben oder Paulus von den fleischlichen Lüsten oder der fleischlichen
Gesinnung warnt.
Wir sehen, die Liste der Unterschiede,
beziehungsweie der Gegensätze vom lutherischen Rechtfertigungsglauben und dem
Glaubensweg der Mystiker ist lang.Und es gibt noch mehr und wichtige Unterschiede,
wie die Themen Offenbarungen, Leiden oder Lehre/Dogma zeigen, auf welche wir am
nächsten Mittwoch noch näher eingehen werden
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ZZum Teil 2
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ZZum Teil 2
Jesus segne Dich!
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