Dieser
Aufsatz macht den Anfang der Aufsatzreihe "Zwei Wege zum Heil"1, als eBook konzipiert
und dient sozusagen als als meinen Beitrag zur Feierlichkeit des
Reformationsjubiläums.
Seit jeher
ist es dem Menschen ein Bedürfnis, zu erfahren, was mit ihm nach dem Tod
geschehen wird. Die meisten ahnten/ahnen, dass es weiter geht und sind daher mit
der Frage beschäftigt, "was kann ich
tun, damit es mir gut gehen wird, damit ich in den Himmel komme". In
der Zeit der Lehrjahre Jesu bekam diese Frage besondere Aktualität, weil viele
jener Zeitgenossen instinktiv wussten, dass Jesus ein kompetenter Lehrer für
solche Angelegenheiten war. Zwei Personen fragten, nach biblischer
Überlieferung, Jesus auch ganz direkt, "was muss ich tun, um in den Himmel zu kommen?"
Wäre Jesus
evangelisch gewesen
und hätte Paulus gelesen, dann hätte Er die einzig richtige
Anwort geben können: "Dein Glaube
allein wird dich vor Gott gerecht machen" (Gerechtigkeit vor Gott =
Einssein mit Gott). Da Jesus aber offensichtlich den Römerbrief nicht studiert
hat, gab er dem ersten die Antwort: "Halte
alle Gebote!" und dem Zweiten: "so du nicht von Neuem geboren wirst, wirst du nicht ins Himmelreich
kommen."
Sollte
jetzt jemand der Meinung sein, ich wolle den guten alten Paulus verhöhnen, dann
befände er sich auf dem Holzweg, da Paulus sich darob nicht betroffen fühlen würde,
denn er selbst behauptete nie, dass der Glaube allein Gerechtigkeit wäre vor Gott. Er sagte "durch den Glauben sind wir gerecht vor Gott".
Es war dann Martin Luther, der lehrte "durch
den Glauben allein sind wir gerecht
vor Gott".
Des Menschen höchstes
Ziel: Der Glaube?
Durch
dieses Glaube-allein setzt Luther dem Menschen ein Daseins-Ziel: der Glaube.
Die Antwort auf die alte Frage nach den Bedingungen für das Eintreten in das
Himmelreich ist also allein der Glaube.
Wir werden dann später sehen, dass Luther sich selbst damit widerspricht, was
er aber offenbar nicht bemerkt hat und Vollmer in seinem Römerbrief-Workshop
ebenfalls nicht.
Alle
Predigten, Vorträge und theologische Abhandlungen der Lutherischen Kirchen2
zielen genau darauf ab, den Gläubigen den Glauben als höchstes Lebensziel
zu lehren. Als Grundlage dazu dient vor allem der Römerbrief.
Interessanterweise erkennt kaum jemand, dass Paulus diese Glaubens-Erwähnung
und die darauf folgenden "ohne Werke"-Aussagen in einem ganz anderen
Zusammenhang erläuterte. Dieser Zusammenhang ist im Moment zu vernachlässigen, unser
Fokus liegt am neuen Lebensziel "Glaube-allein".
Dieses Allein bedeutet der Ausschluss aller
anderen Heilsbedingungen. Der Glaube-allein
akzeptiert keine andere Kondition und sagt nichts weniger und nichts mehr als einfach
nur "Glauben". Vollmer sagt ganz luthertreu: "Glaube ich an Jesus Christus und nehme seine
Versöhnung an, ist Gott mein Vater und ich bin sein Kind ". Hat man
den Glauben, dann ist das Himmelreich garantiert, hat man ihn nicht, dann ist
die Hölle garantiert. So einfach ist das, weil es ja nichts dazwischen geben
kann. Paulus selbst wusste hingegen nichts von einem solchen Lebensziel.
Soweit also
Martin Luther, der mit seiner Himmelsformel etwa 800 Milionen Menschen auf der
ganzen Erde in den vermeintlichen Himmel buxiert. 800 Milionen Menschen, die
Hoffnung auf den Himmel haben, einfach dadurch, dass sie glauben und die
Sündenvergebeung annehmen.
Des Menschen höchstes Ziel: die Verwandlung!
Was aber
sagt Jesus dazu? Was sagte Jesus, was es braucht, um in den Himmel zu kommen?
Die Antwort auf die berühmte Nikodemusfrage lautet:
"Wahrlich,
wahrlich, ich sage dir, wenn jemand nicht von neuem geboren wird, so kann er
das Reich Gottes nicht sehen!" (Joh. 3. 3)
Wir sehen,
Jesus gibt auf die selbe Frage eine ganz andere Antwort: Die Verwandlung. Eine
Neugeburt, das Neu-Geboren-Werden oder wie man auch sagen kann, die geistige
Wiedergeburt, die einen ganz neuen Menschen, ein neues Wesen, schafft.
Klar,
Luther hat eine eigene Erklärung, was die Wiedergeburt betrifft und diese wird
auch heute auf allen Kontinenten gelehrt. Für Luther ist die Wiedergeburt die
Bekehrung, bzw. die anschliessende Wasser-Taufe (darauf kommen wir noch!). Er
setzt dort, wo es heissen sollte "wiedergezeugt"
das Wort "wiedergeboren".
Im Prinzip wäre es nicht falsch übersetzt, denn beide Ausdrücke heissen in der
griechischen Sprache "genneo". Aber im Kontext ist "wiedergeboren" falsch, weil bevor
geboren werden kann, muss gezeugt werden. Gemeint ist die Zeugung des Geistes
(im Herzen), also der von Gott gegebene Menschengeist, der auch das eigentliche
Ebenbild Gottes ist. Nach der Zeugung braucht es natürlicherweise eine gewisse
Zeit der Reifung, der Erstarkung und des Wachsens, bis dieser Geist die Seele
erfüllen kann und Frucht bringt. Die
Konkordanzbibel gibt es übrigens richtig wieder, sie spricht durchwegs von
"wiedergezeugt".
Wenn also
die Evangelikalen von sich behaupten, sie seinen wiedergeboren, so heisst das,
dass sie (bzw. ihr Geist) wiedergezeugt sind. Und das ist jeder, der den Namen
Jesus anruft.
Nach dem
Verständnis der Heiligen Schrift ist die Wiedergeburt aber das Ziel des
Menschen auf dieser Erde, wenn sein Geist ausgereift ist. Wenn der alte Adam
gestorben ist, wenn das Alte vergangen und alles neu geworden ist. Dabei genügt
es nicht, dass nur das Denken neu geworden ist, wie es bei der Wiederzeugung
(Bekehrung) geschieht.
Die
Wiedergeburt ist in jeden Fall ein Geschenk Gottes. Es ist die Kraft Gottes in
ihrem vollem Wirken. Schon im alten Testament prophezeite Gott durch Hesekiel
"Und ich will euch ein neues Herz und einen neuen Geist in euch geben
und will das steinerne Herz aus eurem Fleische wegnehmen und euch ein
fleischernes Herz geben; ich will meinen Geist in euch geben und will
solche Leute aus euch machen, die in meinen Geboten wandeln und meine
Rechte halten und darnach tun.…
" (Hes. 36. 26)
Das neue
Herz und den Geist Gottes im Herzen, das ist die Verwandlung, die Umwandlung,
die volle Wiedergeburt, die Geistestaufe oder wie man das auch immer nennen
will. Diese Verwandlung erlebten die Jünger an Pfingsten, sie geschah nach
dreijähriger Vorbereitung urplötzlich.
Paulus erlebte diese Verwandlung auf der Strasse nach Damaskus und dauerte drei
Tage. Bei uns kann es – wenn überhaupt - sogar Jahrzehnte dauern, bis der
besagte Geist voll ausgereift ist. Wenn ich sage "... wenn überhaupt
...", dann meine ich, dass es bei den allermeisten Christen gar nie dazu
kommt, weil sie nämlich der irrtümlichen Meinung sind, sie seien bereits
wiedergeboren. Sie glauben, sie hätten das Ziel schon erreicht. Wer aber
glaubt, das Ziel schon erreicht zu haben, der läuft nicht mehr!
Bedenken
wir, was im obigen Zitat erwähnt wird: wer also das neue Herz empfangen hat,
der wird (von selbst) in Gottes Geboten wandeln. Er fällt nicht mehr aus der
Ordnung Gottes. Aber darüber werden wir uns noch unterhalten.
Wir wollen
festhalten: Jesus spricht von einem ganz anderen Ziel für das Leben eines
Menschen als Martin Luther. Nirgends spricht Jesus von Glauben allein. Nur die
Umwandlung vom alten zum neuen Menschen zählt, und nur wer diese Umwandlung erlebt hat, kann sich
ein Gottes-Kind nennen. Wenn wir nun den Römerbrief unter dieser Prämisse
lesen, dann lesen wir plötzlich etwas ganz neues! Die Kapitel 6 und 8 bekommen unerwartet
einen ganz anderen Sinn!
Der natürliche und der geistige Christ
Der Glaubensmensch, also der Christ, der sein Heil auf den
Glauben setzt findet sich im Römerbrief Kapitel 7 wieder, und kann sich mit der
von Paulus beschriebenen Charakteristik voll identifizieren: "Denn ich weiß nicht, was ich tue. Denn ich
tue nicht, was ich will; sondern, was ich hasse, das tue ich ... Denn ich habe
Lust an Gottes Gesetz nach dem inwendigen Menschen. Ich sehe aber ein ander Gesetz in meinen Gliedern, das da widerstreitet
dem Gesetz in meinem Gemüte und nimmt mich gefangen in der Sünde Gesetz,
welches ist in meinen Gliedern". Da der nur auf den Glauben setzende Christ das Sündigen nicht
lassen kann, solange er in diesem Fleisch lebt, sieht er sich täglich mit
seinen verbliebenen Begierden und Leidenschaften konfrontiert. Deshalb nennt
Paulus sie die fleischlichen Menschen, da die fleischlichen Begierden noch das
Sagen haben. Somit sagt Klaus Vollmer in seinem Bibelkurs folgerichtig:
"Gott
kommt zu uns in die Hölle, damit ich in der Hölle nicht mehr ohne Gott sei,
damit ich niemehr in meiner Sünde ohne Ihn sein muss."
Und damit
gibt Vollmer seinem Vordenker Luther recht, wenn dieser sagt: "Wir sind Sünder und Gerechte zugleich".
Damit landen beide einen Volltreffer. Es gibt an diesen Aussagen nichts
auszusetzen – sie gelten, aber sie gelten nur für die natürlichen,
fleischlichen Christen, die ihr Heil im Glauben allein suchen und wegen des
Ausbleibens der Umwandlung durch die Kraft Gottes, diese Kraft eben nicht
erleben! Sie lesen zwar von dieser Kraft in der Bibel und übertragen diese
Fakten dann auf sich, ungeachtet dessen, dass sie mit ihrem täglichen Leben gar
nicht übereinstimmen.
Der geistige Christ, der sein Heil aber auf die Verwandlung, die
Umwandlung setzt, der findet sich in den Kapiteln 6 und 8 des Römerbriefes
wieder: "... dieweil wir wissen, daß
unser alter Mensch samt ihm gekreuzigt ist, auf daß der sündliche Leib aufhöre,
daß wir hinfort der Sünde nicht mehr dienen". Dieses
Gekreuzigt-Sein ist eben nicht nur ein gedanklicher Vorgang, denn das wäre nur
eine Illusion, ein Selbstbetrug. Dieses Gekreuzigt-Sein oder
Mit-Jesus-Gestorben-Sein ist nichts anderes, als was wir schon im Hesekiel
gelesen haben: "ich will meinen
Geist in euch geben und will solche Leute aus euch machen, die in meinen
Geboten wandeln". Diese Umwandlung ist ein Ereignis, das die Kraft
Gottes bewirkt, welche real vorhanden ist!
Nun gibt es
einen sagenhaft guten und einfachen Trick der Evangelikalen, also der grossen
Bewegung der natürlichen und fleischlichen Christen-Lehre, wie sie ihre
Schäfchen trotz der fleischlichen Begierden und den Sünden in den
vermeintlichen Himmel schubsen. Aber davon später mehr.
Fazit:
Es gibt
zwei Wege. Die breite Strasse, die keine weiteren Anforderungen stellt als nur
den Glauben allein und auf jedenfall ohne irgendwelche Werke. Auf diesem Weg
darf weiter gesündigt werden, weil immer wieder ein Kreuz erscheint, wo man
Busse tun kann. Dieser evangelische Weg ist allerdings eine perfide Sackgasse.
Der andere
Weg, schmal, steil, dornig, ist überaus mühsam. Es sind wenige, sehr wenige (im
Nano-Bereich) die ihn überhaupt finden und noch weniger, die ihn dann auch
begehen. Jene, die ihn begehen werden von den ersteren ausgelacht. Vor allem
auch deshalb, weil es auf diesem eh schon mühevollen Weg auch noch
Selbstverleugnung zu üben gilt und niemandem erspart wird, daselbst noch ein
Kreuz zu tragen, was es auf der breiten Strasse nicht, oder nur pro forma gibt.
Somit reden
wir im Verlauf dieser Aufsatzreihe von natürlichen
und von geistigen Christen. Auch auf
die Gefahr hin, dass ich einem Zweiklassen-Christentum oder gar einem
Elite-Denken bezichtigt werde. Wenn es jemandem gefällt, dies so zu sehen, dann
soll er es so sehen. Wichtig ist nur, dass er sich dabei über seinen eigenen
Stand Gedanken macht und die richtigen Schlüsse daraus zieht.
Fussnoten
1 Grundlage dieser Aufsatzreihe ist
ein Workshop über den Römerbrief von Pastor Klaus Vollmer, Evangelist der EKD,
den er vor 25 Jahren in Salzburg gehalten hat. Wobei die Tonträger dieser
Bibelwoche unwesentlich sind, denn Vollmer wiederspiegelt ohne Abstriche die
volle Lehre Luthers. Vollmer muss zugute gehalten werden, dass seine echte
Liebe zu Jesus Christus sichtbar ist, als EKDler einer der wenigen
"bekehrten" Pastoren. Trotz dieser Liebe zum Herrn ist es ihm jedoch
nicht gelungen, die offensichtlichsten Irrtümer und Widersprüche zu erkennen
und so hat er tragischerweise im guten Glauben dazu beigetragen, diese mit
gewandter und einnehmender Rhetorik zu verbreiten.
2 Das galt bis anhin auch für die
EKD. Da diese aber den christlichen Glauben und auch die Luther-Lehre verlassen
und der Einheitsreligion Tür und Tor geöffnet hat, fällt sie ausserhalb meiner
Betrachtung im vorliegenden und folgenden Aufsätzen. Gemeint sind also
lediglich noch die lutherischen Freikirchen, soweit sie der EKD noch nicht
folgen.
Wie immer ist der Austausch über das Thema
im Forum offen und auch Gäste können sich
einbringen, können ergänzen oder ihrer kritischen Haltung freien Lauf lassen. Kritische
und gegenteilige Meinungen ergeben bei uns keine "Streit"gespräche,
sondern sind eine Bereicherung! Wer will, kann auch Fragen stellen. Thema: Zwei Wege zum Heil.
Jesus segne Dich!