Mit dem
"Leben im Geiste" meine ich nicht einfach ein gläubiges Leben führen,
wie man das so landläufig versteht und damit aussagt, sonntags in die Kirche
gehen, täglich morgens und abends ein Gebet verrichten und bei Gelegenheit auch
von der Sündenvergebung zu zeugen. Unter "Leben im Geiste" verstehe
ich ein noch tieferes Verständnis von der steten Gegenwart Jesu im Herzen. Eine
festere Speise also, die vielleicht auch etwas schwerer zu verdauen ist.
Da habe ich
einmal folgenden Satz irgendwo gelesen "Den Buhlern und Buhlerinnen aber sage: Wer im
Fleische wandelt, der wandelt im Tode, und seine
Lust wird bald zur Speise der Würmer umgestaltet werden. Nur wer im Geiste wandelt, kommt
zum Lichte, der Urquelle alles Lebens; sein Anteil
wird ewig bestehen und sich vermehren."
Dieses Im-Geiste-Wandeln steht doch im direkten
Zusammenhang mit den Paulusworten im Römerbrief "Aber fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein
ist Leben und Friede." (Luther-Übersetzung)
Geistig
oder Geistlich?
An dieser
Stelle möchte ich eine kleine Zwischenbemerkung einfügen bezüglich der "geistlichen Gesinnung". Ich für
mich kann mit diesem Ausdruck überhaupt nichts anfangen. Ich denke nicht, dass
Paulus von einer geistlichen
Gesinnung gesprochen hat, denn eine solche gibt es doch gar nicht. Es gibt wohl
"geistliche Musik" und das ist Kirchenmusik. Dann gibt es noch die
Geistlichen, also die schwarz gekleideten Männer, die andächtig langsam und im
feierlichen Ton einen Gottesdienst veranstalten. Wenn ich nun die geistliche
Gesinnung mit diesen geistlichen Kirchenmänner in Verbindung bringe, dann
bekommt der fragliche Ausdruck eine ganz andere Bedeutung, nämich "Wasser
predigen und Wein trinken", weil das in den allermeisten Fällen der Fall
ist. Deshalb: Der Geistlichen Gesinnung will ich also nicht das Wort reden,
sondern will vielmehr von der "geistigen Gesinnung" sprechen. Es geht
dabei ja auch um die Gesinnung nach dem Geiste Gottes, dem menschlichen, von
Gott geschenkten Geist und schlechthin um die Beziehung zur unsichtbaren
geistigen Welt.
In der
Schlachter-Übersetzung ist es besser wiedergegeben. Dort steht "... die Gesinnung des Geistes aber
Leben und Friede". Somit bleiben wir also bei der "Geistigen
Gesinnung".
Doch was
heisst geistig gesinnt sein? Jeder Gläubige, der den Gottesdienst besucht, sagt
von sich, er sei geistig gesinnt und bezieht sich dann auf den zweit-folgenden
Vers, wo steht "Ihr aber seid nicht
im Fleische, sondern im Geiste, wenn anders Gottes Geist in euch wohnt ...".
Somit ist also jeder Gläubige im Geiste,
da ja niemand den Namen Jesu aussprechen kann denn durch den Heiligen Geist.
Ja, so
einfach ist das. Aber trotzdem: So einfach ist das eben doch nicht. Die
Alternativformel "Man hat den
Heiligen Geist oder man hat ihn nicht", stimmt eben nicht. Und schon
gar nicht nach dem charismatischen Verständnis, bei welcher die Erfüllung des
Heiligen Geistes durch Handauflegen sozusagen weitergegeben werden kann.
Den
Heiligen Geist hat jeder Mensch. Oder besser gesagt, den Geist aus Gott hat
jeder Mensch. Seien es irakische Kopfabschneider oder sonstige Verbrecher,
Buddhisten, Zauberer oder wer auch immer. Alle Menschen haben einen von Gott gegebenen
Geist. Dieser Geist äussert sich bei allen Menschen in Form des Gewissens. Gehorcht
man dem Gewissen, dann wird dieser Geist immer stärker. Ignoriert man ihn aber
(vielleicht durch eine bestimmte Ideologie), dann zieht sich dieser Geist
Gottes zurück und die Seele mit dem Leib lebt dann ein irdisches Leben wie ein
höheres Tier.
Menschen,
welche sich für das Geistige, das
Göttliche interessieren, können das nur, weil der Geist Gottes schon ein Beträchtliches
in ihnen gewachsen ist, denn dieser Geist ist es, der die Tiefen der Gottheit
erforscht. Dieses Wachsen des Geistes ist die eigentliche Entwicklung des
Menschen. Wünschenswert wäre es, dass der Entwicklung dieses Geistes im
Menschen keine Hindernisse in den Weg gestellt werden. Wäre das der Fall, dann
würde das Wachstum des Geistes sehr bald dazu führen, dass die Seele von Ihm
total erfüllt, das heisst, dass die Seele total durchgeistigt wäre und danach
auch der Leib diese Durchgeistigung erfahren würde, wie Paulus das im zweiten Korintherbrief
kurz erwähnt hat.
Soweit so
schön und so gut. Aber unser Problem liegt darin, dass unser Geist eben nicht
ohne diese Hindernisse wachsen kann, dass die Seele diesem Geist Grenzen setzt
oder kleinere und grössere Steine in den Weg legt. Das macht die Seele nicht,
weil sie dem Geiste entgegenstehen will, sondern weil die fleischliche Gesinnung
die Seele nicht aus ihren Klauen lässt. Die Seele müsste sich aber mit Gewalt
von der fleischlichen Gesinnung losreissen und sich der geistigen Gesinnung
hingeben.
Und hier
haben wir ein weiteres Problem. Die Gläubigen in den e-Kirchen werden gelehrt,
dass das eben nicht sein muss. Ein gewaltsames Losreissen von der fleischlichen
Gesinnung sei nicht möglich, da wir ja noch im Fleische leben und Jesus uns
aber am Kreuz davon erlöst habe. Deshalb sind alle diejenige, welche diese
kirchliche Auslegung befürworten und für die Wahrheit halten, auf der einen
Seite fleischlich und auf der anderen Seite gestlich gesinnt. Sie erkennen ja
durchaus, dass die fleischliche Gesinnung sie immer wieder in die Sünde führt,
aber sie flüchten dann immer unters Kreuz zur Vergebung. So geht das jahrelang,
ja, das ganze Leben.
Dieses Hin
und Her ist das besagte Hindernis für das weitere Wachstum des menschlichen
Geistes. Wer es einmal bis hierher geschafft hat, der hat wohl bereits eine gute
Voraussetzung für das Leben im Geiste. Aber das eigentliche "Leben im
Geiste" ist das noch nicht. Solange noch sexuelle Lüste, Geltungsbedürfnisse,
Missgunst oder gar Neid vorhanden sind, solange ist die fleischliche Gesinnung
noch präsent. In dem Masse, wie diese seelischen Laster überwunden werden, in
dem Masse wächst das Leben im Geiste. Und in demselben Masse geschieht auch die
Wiedergeburt des Geistes, bis man von einer "vollen Wiedergeburt"
sprechen kann. Das ist ein Prozess, der über die Jahre geht und von der Seele
einiges abverlangt. Das ist, was Jesus Selbstverleugnung und "das Kreuz
auf sich nehmen" nennt.
Das Leben im
Geiste ist dann mit dem sogenannten "Glaubensleben" der kirchlichen Lehre
nicht mehr zu vergleichen.
Geistiges Verständnis des materiellen Lebens
Dieses
Leben im Geiste bringt es mit sich, dass man das materielle Leben mit geistigen
Augen sieht. Mit der Überwindung der fleischlichen Lüste geht auch eine
Loslösung der selischen Verbundenheit mit der Materie einher. Man gewinnt
Distanz und wie wenn man direkt an einem Waldrand steht, sieht man dessen
Ausmass nicht. Hat man aber eine grössere Distanz, sieht man zwar die einzelnen Bäume nicht mehr, aber das
Ausmass und die Lage wird ersichtlich. Mit dem geistigen Auge gesehen verliert
die Materie ihren Reiz immer mehr und man erkennt zunehmend, wie die Materie
letztlich nur eine Entsprechung zum Geistigen ist. So auch alles, was materiell
geschieht, eben geistig bereits schon geschehen ist. Oder anders gesagt,
materiell kann nichts geschehen, was nicht schon geistig bereits geschehen ist.
Deshalb heisst es auch in der Schrift, dass nicht ein Haar vom Haupte fällt
ohne des Herrn Wille.
In diesem
Zusammenhang will ich eine Begebenheit erzählen, welche gerade heute stattfand.
Die Tochter (35) des Hauses lebt seit einem Jahr in Australien und ist z.Z. auf
Besuch bei uns. Die Frage, welche sie schon einige Zeit mit sich herumträgt
ist, ob sie in der Fremde, wo es ihr sehr gut
gefällt bleiben, heiraten und eine Familie gründen soll oder sich in
ihrer Heimat wieder eine Stelle suchen und im "alten Tramp" weiterleben
soll. Nun ist es gerade gestern Nacht in der Stadt Sao Paulo geschehen, dass
zwei Typen sie im Auto mit einer Waffe überfallen wollten. Geistesgegenwärtig
gab sie im letzten Moment Gas und entkam ihnen. Wie sie mir das heute erzählte,
sagte ich zu ihr ganz spontan, dass sie damit die Antwort auf ihre quälende
Frage der Zukunft erhalten habe und erklärte ihr, dass sie, die ja einiges
Interesse für das geistige Leben hat, somit auch geistig geführt wird und dass
man im materiellen Leben immer mit offenem (geistigen) Auge sehen und solche
Zeichen verstehen soll.
Wenn man um
geistige Führung bittet, muss man der erkannten geistigen Führung auch immer
und umgehend gehorchen. Es wäre falsch, um Führung zu bitten, und dann aber den
fleischlichen Lüsten weier zu gehorchen! Auch hier ein kleines Beispiel. Ich
lese auf einer bekannten christlichen Webseite "wir sind ein Glaubens-Werk und werden
ausschließlich von freiwilligen Spenden getragen". Diese Aussage ist ein Widerspruch in
sich. Wenn dieses Glaubens-Werk unter der Führung des Himmlische Vaters ist,
braucht es keinen Spendenaufruf, Geld ist dann kein Thema!
Es geht
nicht darum, dass man die Welt flieht. Es gibt so manches, das man tun muss:
Man muss arbeiten, für die Familie sorgen und so vieles andere mehr. Aber in allem, das wir tun sollen oder
müssen, kann es eine geistige Führung geben. Wir sollen aber materielle Dinge
nicht um deren Selbstwillen erledigen, sondern auch darin stets und nur die
Angelegenheit Gottes im Auge behalten. "Alles, was ihr tut, tut im Namen des Herrn", steht nicht ohne
Grund so in der Schrift. Oder: auch bei der materiellen Arbeit zuerst nach dem Himmelreich trachten, dann
fällt alles zu (was dazu nötig ist).
Man könnte
es sogar so ausdrücken: Wer ein Leben im
Geiste führt, ist sein eigener Zuschauer. Es geschieht alles, was geschehen
muss. Begebenheiten oder Kontakte, alles hat seinen Grund und alles führt immer
zum Besten. Aber nur für diejenigen, die ihre geistigen Augen offen haben und
das auch erkennen können.
Die Bibel
Für die
begrenzte kirchliche Lehre ist die Bibel das Wort Gottes. Gott hat keine
andere Ausdrucksform als die Bibel. Alles, was Er zu sagen hat, sagt Er durch
die Bibel. Deshalb haben auch neuere Offenbarungen, Weissagungen und Gesichte nur
einen sehr begrenzten oder gar keinen Wert, ja, schlimmer noch, dies alles sei
vom Teufel persönlich.
Die Bibel
hat in den Kirchen einen Stellenwert, der, so kommt es mir oft vor, über demjenigen
Gottes steht. Die Bibel wird oft zum Gott gemacht und man ist dann der Meinung,
ist die Bibel mit dabei, ist auch Gott da, wenn nicht, ist auch Gott fern.
Doch was
ist die Bibel? Ist sie nicht vielmehr wie eine Strassenkarte, welche dem
Interessierten den rechten Weg aufzeigt? Die Bibel ist zweifelsohne das Wort
Gottes, aber sie ist deswegen nicht Gott Selbst. Er hat uns durch sie den Weg
gezeigt, wie man zu Ihm gelangt. Wenn ein Ortsunkundiger von Stuttgart nach
Flensburg will, dann braucht er mit Sicherheit eine Strassenkarte und auch die
Wegweiser, welche ihm die Orientierung geben. Ist er aber einmal in Würzburg
auf der A7, dann kann er getrost die Karte zur Seite legen und auf dem
eingeschlagfenen Weg bleiben. Die Wegweiser geben ihm die Sicherheit, dass er
auf dem rechten Weg bleibt. So ist es auch beim Gott Suchenden. Um auf den
rechten (zwar schmalen) Weg zu kommen, braucht er die Bibel und äussere
Wegweiser. Hat er die H7 (Herzweg) einmal gefunden, dann geht es ihm wie dem
Flensburg-Fahrer, die äussere Strassenkarte braucht er nicht mehr, die
ständigen Orientierungtafeln geben ihm die Sicherheit, auf dem rechten Weg zu
bleiben.
Das will
sagen, dass es anfänglich ausserordentlich wichtig ist, auf dem Heilsweg äussere
Orientierung zu finden. Eben durch die Bibel zum Beispiel (es gibt auch andere).
Sie zeigt den Weg zu Gott, zu Gott, der im Herzen und nirgendwo anders zu
finden ist. Ist man einmal auf diesem Weg, dann braucht es die Bibel nicht mehr
unbedingt, die innere Führung, die geistige Führung übernimmt dann die
individuelle Führung bis zum Ziel. Und das ist auch gut so. Die Bibel, wie
alles Schriftliche, gehört zum Aussenleben. Die innere Führung bedeutet das
Innenleben. Wer aber diesen Punkt erreicht hat, dem braucht man dies nicht zu erklären,
der weiss das selbst. Dieses reiche und sichere Innenleben ist dann das wahre
Leben im Geiste, wenn man die materiellen Krücken nicht mehr benötigt.
Johannes
hat das schon gelehrt in seinem ersten Brief. Er sprach davon, dass man keine
materiellen (Lehr-)Hilfe mehr braucht, sondern die innere Hilfe, die Salbung, dafür
zuständig ist: "... und ihr bedürfet
nicht, daß euch jemand lehre; sondern so, wie euch die Salbung selbst über
alles belehrt ...".
Das ist das
Ziel. Danach sollen wir trachten. Wir dürfen nicht in der Begrenztheit der
evangelischen Lehre stehen bleiben, mit einem Fuss noch in der scheinbar
unüberwindbaren fleischlichen und mit dem anderen Fuss in der schon geistigen
Gesinnung. Wir sollen den Schritt wagen und bereit sein, alles in die Waagschale
zu werfen.
Am nächsten
Mittwoch wollen wir sehen, wie es uns gelingen kann mit dem geistigen Auge
immer besser sehen zu können. Bleib dran ...
Wie immer ist der Austausch über das Thema im Forum offen
und auch Gäste können sich einbringen, können ergänzen oder ihrer kritischen
Haltung freien Lauf lassen. Kritische und gegenteilige Meinungen ergeben bei
uns keine "Streit"gespräche, sondern sind eine Bereicherung! Wer
will, kann auch Fragen stellen. Der erste Beitragsschreiber soll bitte das
Thema mit dem Aufsatztitel eröffnen.
Jesus segne Dich!