Als Gastbeitrag dient uns eine Predigt von Cyprian von
Karthago, ein Bischof der Urchristen (gest. im Jahr 258)
Zwar ist bei den meisten von euch,
geliebteste Bruder, ein fester Sinn, ein starker Glaube und ein frommes Herz zu
finden, das angesichts des gewaltigen Umsichgreifens der gegenwärtigen
Sterblichkeit (die Pest-Seuche, H.K.)
sich nicht erschüttern läßt, sondern wie ein mächtiger, unerschütterlicher Fels
die stürmischen Anläufe der Welt und die brandenden Wogen des zeitlichen Lebens
eher selbst bricht als sich von ihnen brechen läßt und in den Versuchungen
nicht unterliegt, sondern sich bewährt; weil ich jedoch bemerke, wie einige
unter der Menge infolge des Mangels an Mut oder der Schwäche ihres Glaubens,
wegen der Lockungen des weltlichen Lebens, wegen der Weichlichkeit ihres
Geschlechtes oder, was noch schlimmer ist,
Solche
Drangsale sind jedoch schon lange vorhergesagt als Anzeichen der letzten
Zeiten.
Denn jeder, geliebteste Brüder, der Gott
als Krieger dient, der im himmlischen Lager stehend schon auf das Göttliche
hofft, muß erst seine Pflicht erkennen, damit es gegenüber den Stürmen und
Ungewittern der Welt bei uns kein Zagen, keine Verwirrung gibt. Hat doch der
Herr dies alles vorhergesagt, indem er voraussehend mit mahnender Stimme das
Volk seiner Kirche unterrichtete und lehrte, indem er es dazu vorbereitete und
stärkte, alles Kommende zu ertragen. Daß Krieg und Hungersnot, Erdbeben und
Seuchen allerorten ausbrechen, hat er vorherverkündigt und prophezeit1 , und
damit nicht der unerwartete und überraschende Schrecken der Heimsuchungen uns
niederschmettere, hat er schon lange zuvor darauf hingewiesen, daß die
Drangsale sich in den letzten Zeiten mehr und mehr häufen. Seht, es geschieht
jetzt, was gesagt ist, und da nun das eintritt, was vorausverkündigt ist, wird
auch all das nachfolgen, was verheißen ist. Denn der Herr selbst verspricht und
sagt: "Wenn ihr aber seht, daß dies alles geschieht, so wisset, daß das
Reich Gottes ganz nahe ist" . Das Reich Gottes, geliebteste Brüder, ist in
nächste Nähe gerückt; der Lohn des [himmlischen] Lebens und die Freude des
ewigen Heils, unvergängliche Seligkeit und der dereinst verlorene Besitz des
Paradieses winken bereits mit dem bevorstehenden Übergang der Welt. Schon folgt
dem Irdischen das Himmlische, Großes dem Kleinen, das Ewige dem Vergänglichen.
Wo wäre hier Raum für Angst und Sorge? Wer wäre da zaghaft und traurig, außer
etwa einer, dem es an Hoffnung und Glauben fehlt? Denn nur der hat den Tod zu
fürchten, der nicht zu Christus gehen will; nur der aber kann sich sträuben, zu
Christus zu gehen, der nicht daran glaubt, daß er mit Christus zu herrschen
beginnt.
Es steht geschrieben, der Gerechte lebe
durch den Glauben . Wenn du aber gerecht bist und durch den Glauben lebst, wenn
du wahrhaft auf Gott vertraust, warum begrüßest du es dann nicht mit Freuden,
daß du zu Christus gerufen wirst, und warum wünschest du dir nicht Glück dazu,
den Teufel los zu werden; denn du bist dann doch bei Christus und kannst der
Verheißung des Herrn sicher sein? So hatte jener gerechte Simeon, der in
Wahrheit ein Gerechter war und der mit vollem Glauben Gottes Gebote hielt, von
Gott den Bescheid erhalten, er werde nicht eher sterben, als bis er Christus
gesehen habe. Als nun das Christuskind mit seiner Mutter in den Tempel kam, da
erkannte er im Geiste, daß Christus, von dem ihm vorher geweissagt war, nunmehr
geboren sei. Er wußte, daß er nun bald sterben werde, nachdem er ihn gesehen.
Voll Freude also über den schon so nahen Tod und der baldigen Abberufung gewiß,
nahm er das Kind auf seine Arme, pries Gott, rief und sprach: "Jetzt
lassest Du, Herr, Deinen Diener in Frieden scheiden nach Deinem Wort, weil
meine Augen Deinen Heiland gesehen haben" . Damit bewies und bezeugte er
doch offenbar, daß wir Diener Gottes dann erst Frieden, dann erst volle und
ungestörte Ruhe haben, wenn wir den Stürmen dieser Welt entrückt sind und in
den Hafen der ewigen Heimat und Sicherheit einlaufen, wenn wir unsere
Todesschuld hier abgetragen haben und zur Unsterblichkeit gelangen. Denn das
ist der wahre Friede, das ist die zuverlässige Ruhe, das die beständige, feste
und ewige Sicherheit.
Denn
was ist das irdische Leben anderes als ein beständiger Kampf gegen die
Anschläge des Teufels und die Leidenschaften in der eigenen Brust?
Was hat man dagegen auf der Welt anderes,
als daß man täglich gegen den Teufel Krieg führen, als daß man gegen seine
Speere und Geschosse in beständigem Ringen sich abkämpfen muß? Mit der
Habsucht, mit der Unzüchtigkeit, mit dem Zorn, mit dem Ehrgeiz haben wir zu
ringen, mit den fleischlichen Lastern, mit den weltlichen Lockungen haben wir
einen beständigen und beschwerlichen Kampf zu bestehen. Umlagert und von allen
Seiten von den Anfechtungen des Teufels bedrangt, vermag die Seele des Menschen
kaum dem einzelnen Fehler entgegenzutreten, kaum dem einzelnen zu widerstehen.
Ist die Habsucht niedergeworfen, so erhebt sich die Wollust; ist die Wollust
unterdrückt, so tritt der Ehrgeiz an ihre Stelle; ist der Ehrgeiz überwunden,
so erbittert uns der Zorn, es bläst der Hochmut uns auf, es lockt uns die
Trunksucht, der Neid stört die Eintracht, und die Eifersucht zerreißt die
Freundschaft. Du läßt dich dazu drängen, zu fluchen, was das göttliche Gesetz
verbietet , du läßt dich dazu verleiten, zu schwören, was doch nicht erlaubt
ist .
Aus
diesem Jammertal kann uns nur der Tod erlösen, der uns zu Christus führt
So viele Verfolgungen sind es, die unsere
Seele Tag für Tag zu erdulden hat, so viele Gefahren bedrängen unser Herz. Und
da sollten wir uns freuen, noch lange den Schwertstreichen des Teufels
ausgesetzt zu sein, obwohl doch vielmehr sehnlich zu wünschen wäre, durch einen
möglichst frühen erlösenden Tod eilends zu Christus zu gelangen? Belehrt er uns
doch selbst mit den Worten: "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: ihr werdet
weinen und wehklagen, die Welt aber wird sich freuen; ihr werdet traurig sein, aber
eure Traurigkeit wird sich in Freude verwandeln" . Wer sollte nicht
wünschen, die Traurigkeit los zu werden, wer sich nicht beeilen, zur Freude zu
gelangen?
Wann aber unsere Traurigkeit in Freude sich verwandelt, das erklärt
abermals der Herr selbst mit den Worten: "Ich werde euch wiedersehen, und
euer Herz wird sich freuen, und eure Freude wird niemand von euch nehmen"
. Da also "Christus sehen" sich freuen heißt und da es keine Freude
für uns geben kann, wenn man nicht Christus sieht, welche Geistes Verblendung
oder welcher Wahnsinn ist es dann, die Drangsale, die Pein und die Tränen der
Welt zu lieben, statt vielmehr der Freude zuzueilen, die nie wieder genommen
werden kann?
Wer
dennoch die Welt liebt, dem fehlt der rechte Glaube an die Verheißungen des
Herrn
Das kommt aber daher, geliebteste Brüder,
weil der richtige Glaube fehlt, weil niemand das für wahr hält, was Gott
verheißt, der doch wahrhaftig ist und dessen Worte für die Gläubigen ewig
feststehen. Verspräche dir ein würdiger, achtbarer Mann irgend etwas, so
würdest du seinem Versprechen Glauben schenken und nicht annehmen, daß er dich
täuschen und betrügen könnte, er, von dem du doch wüßtest, daß er in seinen
Worten und Taten verlässig ist. Nun ist es Gott, der mit dir spricht: und du
schwankst ungläubigen Sinnes mißtrauisch hin und her? Gott verheißt dir
Unsterblichkeit und ewiges Leben, wenn du von dieser Welt scheidest: und du
zweifelst? Das heißt gar keine Ahnung von Gott haben, das heißt Christus, den
Lehrmeister des Glaubens, durch die Sünde des Unglaubens beleidigen, das heißt
der Kirche angehören, ohne im Hause des Glaubens auch wirklichen Glauben zu
haben.
Nach
der Heiligen Schrift ist Sterben für die Gläubigen der größte Gewinn
Welchen Gewinn es bedeutet, das zeitliche
Leben zu verlassen, das hat Christus selbst gezeigt, der Lehrmeister alles
dessen, was zu unserem Heil und Nutzen dient; denn als seine Jünger betrübt
waren, weil er sagte, er werde nunmehr dahingehen, da sprach er zu ihnen die
Worte: "Wenn ihr mich geliebt hättet, würdet ihr euch freuen, daß ich zum
Vater gehe" .
Damit wollte er offenbar lehren und zeigen, daß wir statt zu
trauern vielmehr uns freuen sollten, wenn die Teuren, die wir lieben, das
zeitliche Leben verlassen. In Erinnerung daran schreibt und sagt der selige
Apostel Paulus in seinem Briefe: "Leben ist mir Christus und Sterben
Gewinn" , und er hält es für den größten Gewinn, nicht mehr von den
Fallstricken der Welt festgehalten zu werden, nicht mehr den Sünden und Lastern
des Fleisches ausgesetzt zu sein, sondern, gerettet aus den ängstigenden
Drangsalen und befreit aus dem vergifteten Rachen des Teufels , auf Christi Ruf
der Freude des ewigen Heils zuzueilen.
Daß
auch die Christen von der Seuche nicht verschont bleiben, darf nicht
wundernehmen; denn nicht irdisches Glück ist das Ziel des Christentums. Hier
auf Erden sind vielmehr die Gläubigen den gleichen Naturgesetzen, Leiden und
Gefahren unterworfen wie die Heiden
Aber freilich, manche stoßen sich daran,
daß die Macht der jetzt wütenden Krankheit ebenso wie die Heiden auch die
Unsrigen ergreift: gerade als ob der Christ nur deshalb gläubig geworden wäre,
um, von der Berührung der Übel verschont, in Glück die Welt und das zeitliche
Leben zu genießen, und nicht vielmehr deshalb, um für die künftige Freude
aufbewahrt zu werden, nachdem er hier alles Widrige erduldet hat. Es stoßen
sich manche daran, daß uns mit den anderen Menschen diese Sterblichkeit
gemeinsam sei.
Aber was hätten wir denn in dieser Welt mit den übrigen Menschen
nicht gemeinsam, solange uns noch nach dem Gesetz der ersten Geburt dieses
Fleisch gemeinsam bleibt? Solange wir hier in der Welt weilen, sind wir mit dem
ganzen Menschengeschlecht durch die Gleichheit des Fleisches verbunden und nur
dem Geiste nach getrennt. Bis also dieses Verwesliche die Unverweslichkeit
annimmt und dieses Sterbliche die Unsterblichkeit empfängt1 und bis der Geist
uns zu Gott dem Vater führt, solange sind uns all die Mängel, die dem Fleische
anhaften, mit dem ganzen Menschengeschlechte gemeinsam2 . So bleibt ja auch,
wenn bei Mißwachs der Boden eine nur magere Ernte liefert, keiner vom Hunger
verschont; so trifft, wenn eine Stadt bei einem feindlichen Einfall besetzt
worden ist, das Los der Knechtschaft alle zugleich; und wenn ein heiterer
Himmel den Reges fernhält, dann haben alle unter der gleichen Trockenheit zu
leiden; und wenn das Schiff an einem Felsenriff zerschellt, so ist der
Schiffbruch für alle Insassen ohne Ausnahme gemeinsam. Und so haben wir auch
die Augenschmerzen, die Fieberanfälle und die allgemeine Gliederschwäche mit
den anderen gemeinsam, solange wir in der Welt dieses Fleisch gemeinsam an uns
tragen.
Ja,
sie haben sogar noch schlimmere Anfechtungen in der Welt zu gewärtigen als die
Ungläubigen
Ja, im Gegenteil, wenn der Christ erkennt
und daran festhält, unter welcher Bedingung, unter welcher Voraussetzung er zum
Glauben gelangt ist, so wird er wohl wissen, daß er noch Schlimmeres als die
anderen in der Welt ertragen muß, da er mehr als sie gegen die Anfechtungen des
Teufels zu ringen hat. Die göttliche Schrift belehrt und mahnt uns im voraus
mit den Worten: "Mein Sohn, wenn du in den Dienst Gottes trittst, so stehe
fest in der Gerechtigkeit und Furcht und bereite deine Seele auf Versuchung!"
und abermals: ,,Im Schmerz halte aus und in deiner Erniedrigung habe Geduld;
denn Gold und Silber wird im Feuer bewährt" .
Hierin
sollten uns die frommen Dulder Job und Tobias zum Vorbild dienen
So ließ sich Job nach dem Verlust seiner
ganzen Habe, nach dem Tod seiner Lieblinge, als er auch noch mit Geschwüren und
Würmern schwer heimgesucht wurde, dadurch nicht bezwingen, sondern er bewährte
sich, er, der inmitten seiner Kämpfe und Leiden die Geduld seines gottergebenen
Sinnes zeigte und sprach: "Nackt bin ich aus der Mutter Schoß
hervorgegangen, nackt werde ich auch unter die Erde gehen. Der Herr hat
gegeben, und der Herr hat genommen. Wie es dem Herrn gefallen hat, so ist es
geschehen. Gepriesen sei der Name des Herrn!"
Und als ihn auch sein Weib
dazu antrieb, in murrenden und vorwurfsvollen Worten sich gegen Gott zu
ergehen, nachdem er die Gewalt des Schmerzes nicht mehr zu ertragen vermöge, da
antwortete er und sagte: "Wie eine von den törichten Weibern hast du
gesprochen. Haben wir das Gute aus der Hand des Herrn angenommen, sollten wir
dann nicht auch das Böse ertragen? In diesem allem, was ihm widerfuhr,
versündigte sich Job mit seinen Lippen nicht im Angesicht des Herrn" .
Deshalb stellt ihm auch Gott der Herr das Zeugnis aus und sagt [zum Satan]:
"Hast du acht gehabt auf meinen Knecht Job? Denn keiner ist ihm gleich auf
Erden, ein Mann ohne Klägerin wahrer Verehrer Gottes" .
Und auch als
Tobias nach den herrlichen Werken, nach den vielen Ruhmestaten seiner
Barmherzigkeit an seinen Augen mit Blindheit geschlagen wurde, da fürchtete und
pries er Gott in seinem Unglück und wuchs so gerade durch die Heimsuchung
seines Körpers zu noch höherem Ruhme empor. Auch ihn suchte sein Weib zu
verleiten mit den Worten: "Wo ist nun deine Gerechtigkeit? Sieh nur, was
du leidest!" Aber er blieb standhaft und fest in der Furcht Gottes, und durch
seinen treuen Glauben dazu gewappnet, alles Leid zu ertragen, gab er der
Versuchung seines schwachen Weibes trotz seines Schmerzes nicht nach, sondern
erwarb sich bei Gott durch noch größere Geduld noch mehr Verdienste. Ihn lobt
später der Engel Raphael und sagt: "Die Werke Gottes zu offenbaren und zu
bekennen, ist ehrenvoll.
Denn als du betetest und Sarra, brachte ich das
Gedächtnis eures Gebetes vor das Angesicht der Herrlichkeit Gottes. Und als du
die Toten ohne Arg begrubest und weil du nicht säumtest, aufzustehen und dein
Mahl zu verlassen, sondern hingingst und den Toten bestattetest, bin ich auch
gesandt worden, dich zu versuchen. Und wiederum hat mich Gott gesandt, dich zu
heilen und Sarra, deine Schwiegertochter. Denn ich bin Raphael, einer von den
sieben heiligen Engeln, die wir stehen und wandeln vor der Herrlichkeit
Gottes" .
Fortsetzung folgt
Jesus segne Dich!
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