Anforderungen
und Gefahren
Mystik ist das Einssein mit Gott (unio mystica). Oder anders ausgedrückt,
das Einssein mit Gott ist die Mystik. Auf dem Weg dahin gibt es viele innere,
geistige Erlebnisse, das sind die mystischen Erfahrungen, auf welche wir später
einmal eingehen werden. Jetzt schon aber sollten wir wissen, dass solche
Erlebnisse niemals ein Ziel sein sollen, denn diese sind ausschliesslich in der
Hand der Gnade Gottes. Wenn ein Neugieriger ein Mystiker sein will um solche
Erlebnisse zu erfahren, dann ist er bereits im Anbeginn auf einem falschen Weg,
der erwiesenermassen sehr gefährlich enden kann.
Der erhabenste Mystiker aller Zeiten war
natürlich Jesus Christus Selbst: „Ich und
der Vater sind eins ... wer mich sieht, sieht den Vater“. Um diesen Zustand
zu erlangen ist ein weiter Weg erforderlich und um diesen Weg überhaupt in
Angriff nehmen zu können, braucht es auch verschiedene Voraussetzungen, welche zuvor
erfüllt sein müssen.
Die allererste und allerwichtigste
Voraussetzung ist natürlich die echte und aufrichtige Liebe zur Wahrheit. Das
heisst, da Jesus Christus Selbst die Wahrheit ist, die wahrhaftige, innige
Liebe zu Gott. Es ist das wichtigste Gebot Jesu, dass wir Gott aus ganzem
Herzen, ganzer Seele und mit dem ganzen Gemüte lieben sollen. Die Mystik ist
nur dann rechtschaffen, wenn sie aus dieser Herzenshaltung entspringt.
Wer nebst Gott auch diese Welt, und das
ist vornehmlich unser Fleischleib, liebhat, der liebt Gott nur mit einem
geteilten, aber nicht von ganzem Herzen!
Deshalb ist auch die zweite Voraussetzung
sehr wichtig, dass man durch die Gnade der Sündenerkenntnis eine Umkehr, eine Radikal-Umkehr
gemacht hat und allen (wirklich allen!) seinen Schuldigern vergeben hat.
Was
heisst eine Radikal-Umkehr?
Die TV- und Facebook-Christen haben zwar
auch eine Umkehr hinter sich, aber meistens nur mit dem Mund, im Alltag dienen
sie noch der Welt. Eine Radikal-Umkehr bedeutet, dass man das sinnliche Leben
mit dessen Genüssen aufgibt und stattdessen dem Geist Raum gibt. Das wiederum
heisst, dass das äussere Leben zugunsten des inneren Lebens an Bedeutung
verliert. Stellen wir uns vor, dass unser (individuelle) Geist sich sehnlichst mit
Christus vereinen will, aber wir hindern ihn daran, da unsere Aufmerksamkeit
(=Liebe) beständig auf das Geschehen in der Welt gerichtet ist. Unser Geist
kann sich nur dann mit Christus einen, wenn wir unsere weltliche, materielle
Gedankenflut anhalten und unsere Aufmerksamkeit (=Liebe) auf Christus richten.
Christus wartet auf solche Momente und unser Göttliche Geist auch, aber leider
warten sie jahrzehtelang vergebens.
Unsere Halbbrüder und Halbschwestern kommen
deshalb keinen Schritt vorwärts, weil sie diese Radikal-Umkehr noch nicht
vollzogen haben. Ich sage deshalb „Halbbrüder“, weil sie auf der einen Seite durchaus
an Jesus Christus glauben, auf der anderen Seite aber dienen sie noch einem
anderen Vater.
Radikal-Umkehr heisst aber auch, dass wir
unser bewusstes Leben von der Aussenlebensphäre in die Innenlebensphäre verlegen.
Nicht mehr was ausserhalb von uns passiert ist für uns wichtig, sondern das,
was innerhalb von uns geschieht. Verlegen wir unsere Aufmerksamkeit von den
fünf Sinnen auf das Empfinden durch die bewusste und stete Gegenwart Gottes im
Herzen.
Wer also noch nicht bereit ist, die
Sinneslüste fahren zu lassen, welche diese Welt bietet, sollte sich besser
nicht mit der Mystik befassen. Denn mystische Übungen würden den Betreffenden
sehr schnell in die okkulten Grenzgebiete bringen, wenn der Weltgeist noch das
Sagen hat.
Ebenso muss eine weitere Voraussetzung
erfüllt sein, und diese betrifft die Sünde. Der angehende Mystiker muss absolut
ernstlich gewillt sein, alle Sünden zu lassen. Sündigen und sich den Übungen
hinzugeben, das passt nicht zueinander. Dabei spreche ich nicht davon, dass der
Betreffende nicht hin und wieder mal fällt, aber mit jedem Mal muss es sein
Wille und sein ernstlicher Vorsatz sein, eben nicht mehr zu fallen. Die Kraft
Gottes wird ihm somit auch die Erlösung der Sünde geben.
Ich spreche vielmehr davon, dass es eben
viele Halbbrüder gibt, um bei diesem Ausdruck zu bleiben, welche sich die
Luther-Formel „zugleich gerecht und Sünder“ (simul iustus et peccator) einverleibt haben und der Meinung sind,
solange wir auf der Erde sind, werden wir sündigen. Mit dieser Herzenshaltung sollten
wir auf keinen Fall daran denken, mystische Übungen zu bewerkstelligen! Das
Herz muss rein, absolut rein sein, und die Gutheissung oder die Kapitulation
vor der Sünde behindert und bindet den Göttlichen Geist und kann somit niemals
wirksam sein. Dafür geben sich dann andere Geister als „Göttlichen Geist“ aus
und der Betreffende ist nicht in der Lage, diese Geister zu unterscheiden.
Noch eine weitere Vorausssetzung will ich
erwähnen, welche sich vom gewohnten Kirchen-Glauben unterscheidet. Will man von
Gott zur Höhe, zum Einssein mit Ihm geführt werden, so darf man kein Kreuz-Flüchtling
sein. Wer das Kreuz, das Leiden, meiden will, ist hier auf dem falschen Weg,
denn der Weg ist schmal, der aufwärts führt und von vielen Dornen und Disteln
überwuchert. Und auf diesem schmalen und steilen Weg ist man meistens alleine und
man findet kaum jemanden, der einem begleitet. Das deshalb, weil jeder einen
anderen Weg hat, welcher sich höchstens mit unserem Weg kreuzt. Das Leiden, mit
dem man sicherlich rechnen muss, hat aber den Zweck, das Ego endgültig ans
Kreuz zu schlagen – und seine Wiederauferstehung zu verhindern!
Nehmen wir die Worte eines bewährten
Mystikers zu Herzen:
„Der wirklich von Gott Berufene geht einen Dornenpfad,
für den sich alle Neugierigen bedanken würden. Jedem von Gott so leidvoll
Geführten vergeht die Neugier. Er kann seinen Weg nur gehen in rückhaltloser
Hingabe an den Willen Gottes; und auch nur bei solcher Hingabe ist er vor
Täuschung und Irrtum zu bewahren. Die geringste Abweichung von dieser
hingebungsvollen Einstellung bringt die Gefahr der Täuschung mit sich. Den
menschlichen Wünschen wird auf solchem Wege niemals auch nur im geringsten
nachgegeben, und alles, was geschieht, steht unter der strengsten Aufsicht
Gottes.
Ohne in solcher Weise von Gott geführt zu werden,
erlangt man keine zuverlässige Kenntnis höherer Welten, sondern erliegt
mannigfaltigen gefährlichen Irrtümern, deren es in der niederen Geisterwelt die
Fülle gibt. Es kann daher vor dem Verlangen und Streben nach Schauungen und
Gesichten gar nicht ernstlich genug gewarnt werden. Wer nicht von Gott dazu
auserlesen ist, sondern eigenwillig und eigenmächtig in jenseitige Bereiche
einzudringen versucht, begibt sich in schwerste Gefahr.“ (Carl Welkisch, Im Geistfeuer Gottes, S. 1127)
Damit haben die Warner in den Kirchen
nicht ganz Unrecht, wenn sie die Mystik verunglimpflichen indem sie von „okkulten
Grenzgebieten“ sprechen. Kirchenchristen, wenn sie eben noch an den TV und
Facebook gebunden sind, wären von vornherein der Gefahr ausgesetzt, statt
Christliche Mystik die Esotherische Mystik zu praktizieren. Und davor warne
auch ich. Deshalb sind die oben aufgeführten Voraussetzunge sehr ernst zu nehmen.
Jesus segne dich!
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