"Ihr seid das Licht der Welt …" (Mt 5.14) sagt Jesus zu Seinen Jüngern. Im Johannesevangelium aber sagt Jesus "Ich bin das Licht der Welt" (8.12). Nun – was stimmt jetzt? Sind die Nachfolger Jesu das Licht oder ist es Jesus selbst? Und überhaupt: was hat es mit diesem Licht auf sich?
Natürlich ist es sonnenklar, in der Heiligen Schrift gibt es keinen Widerspruch. Wenn Jesus sagt, ihr seid das Licht der Welt, so meint Er damit Sich selbst: "Ich bin das Licht der Welt". Versuchen wir, diesen gordischen Knoten anhand einer Entsprechung aufzulösen. Aber zuerst wollen wir auf die zweite Frage eine Antwort finden. Was meint Jesus mit 'dem Licht'? Und - wo Licht ist muss es auch eine Finsternis geben, sonst wäre das Licht ja gegenstandslos.
Im Neuen Testament wird der Begriff Licht einhundert dreiunddreissig Mal erwähnt. Manchmal ist die Rede vom Tageslicht, dann aber immer nur als Entsprechung zum Geistigen Licht. Jesus aber redet vom Geistigen oder vom Inneren Licht, nicht von dem, welches mit den fleischlichen Augen wahrnehmbar ist.
Dieses Innere Licht ist die Erkenntnis der Geistigen Zusammenhänge.
Um es ganz klar auszudrücken: Es geht nicht um ein gelerntes Wissen, welches von aussen in die Seele eindringt, etwa durch Lesen, lernen, hören oder studieren. Die Erkenntnis ist Wissen, das durch innere Eingebung entsteht. Während sich die Seele das Wissen von aussen aneignet, so nimmt sie dieses Wissen über den Verstand war. Die Erkenntnis aber, die von Innen kommt, geht ins Herz. Dort verbindet sie sich mit den feinfühligen Empfindungen, was im kalten und berechnenden Verstand nicht möglich ist.
Geistiges Wissen aber kann niemals mit dem empfindungslosen Verstand wahrgenommen werden, wie ich dies schon kürzlich in einem Aufsatz behandelt habe. Der Verstand ist für die Materie ausgelegt, für Chemie und Physik, meinetwegen auch für die Astronomie. Aber Geistiges Wissen begreift nun der Verstand niemals. Deshalb kann man rein Geistige Fragen wie "wo kommt meine Seele (also: ich) her? Lebe ich schon länger als mein Körper? Wo ist das Jenseits? usw. nicht in einem Studium lernen, sondern je nach der seelisch/geistigen Reife, erhält man eines Tages diese Erkenntnisse und Antworten als Inneres Licht. Alle Geistigen Fragen und Zusammenhänge sind davon betroffen!
Nun zurück zu der Frage 'Wer ist nun das Licht der Welt, Jesus oder wir?' Am besten wir suchen die Antwort in einer Entsprechung. Schliesse deine Augen und stelle dir vor, du wärest in einer riesengrossen Halle. Diese Halle aber ist dunkel, so dunkel dass man die Hand nicht vor den Augen sieht. Du möchtest aber wissen, was in der großen Halle so alles vorhanden ist und sollte es noch andere Menschen geben, was hier vor sich geht. Dazu hast du ein Streichholz. Was tust du? Zündest du das Streichholz an und drehst dich eine Umdrehung um deine Umgebung wahrzunehmen? Oder gehst du umher, um auszukundschaften, was vor dir ist?
Ich denke, du wirst das bleiben lassen, denn das Streichholz ist bald erloschen, noch bevor sich die Augen an diese kleine Helligkeit gewöhnt haben. Du würdest wohl kaum etwas erkennen können, höchstens, was sich innerhalb zwei Armlängen um dich herum befindet. Vielmehr würdest du in der Finsternis tastend vorwärts gehen um an die Wand zu gelangen und dort angekommen, zündest du das Streichholz an um den Schalter für das taghelle Flutlicht anzudrehen.
Diese Entsprechung beantwortet uns die Frage nach dem Geistigen Licht. Die Halle ist die Welt. Die Welt ist die (Geistige) Finsternis. Das Vorwärtstasten ist die Suche nach der Wahrheit, die Suche nach dem wahren Leben. In diesem Vorwärtstasten fällt man oft, manchmal geht man auch im Kreis umher, man findet etliche Dogmen, Philosophien und Heilslehren. Dann, steht man an der Wand und kommt man nicht mehr weiter, besinnt man sich oft erst an das Streichholz um 'den Schalter' zu finden. Dieses Streichholz ist die Bibel. Sie ist der Wegweiser, aber noch nicht das eigentliche Licht selbst. Sie zeugt vom Licht. Gebrauchst du dieses Zündholz weise, dann findest du den Schalter zum Flutlicht, das dann in alle Winkel die Helligkeit verbreitet und alle Finsternis vertreibt. Dieses Licht in der dunklen Halle – oder eben in der finsteren Welt - ist Christus Jesus. Er allein ist das Licht. Christus Jesus ist der Geist Gottes, Er lebt in einem jeden von uns und gibt uns Licht, also Erkenntnis über die Geistigen Zusammenhänge, je nach der Liebe die wir für Ihn hegen und je nach den tätigen Werken der Nächstenliebe. An dieser Liebe hängt die Leuchtkraft des Lichtes.
Jesus sagt zu Seinen Nachfolgern: "Ihr seid das Licht der Welt". Dieses Licht aber sind nicht die Nachfolger, sondern, um es genau zu sagen, es ist der Geist Gottes, welcher die Seelen Seiner Nachfolger erfüllt.
Die menschliche Seele kann von sich aus nie das Licht der Welt sein.
Die Leuchtkraft des Geistigen Lichtes ist der Grad der Erfüllung der Seele durch den Geist Gottes.
Ein Licht in dieser finsteren und verlogenen Welt zu sein hat nichts mit Bibel-lernen, mit perfekter Rhetorik und virtuoser Argumentation zu tun. Ein Licht in dieser Welt zu sein ist ein predigen ohne Worte, mit Werken der Nächstenliebe, mit Sanftmut, mit Demut, mit Vergeben, mit Gottergebenheit, mit reinen Gedanken – und ohne die Welt mit ihren Sinnesreizen zu lieben.
Geschrieben aus der Erkenntnis, die der Geist Gottes mir ins Herz gegeben hat.
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