Mittwoch, 13. Januar 2016

Sola Scriptura – oder: Mit der Wahrheit lügen


Im letzten Aufsatz „Die Geistige Sicht“ haben wir gesehen, dass es neben der textlichen Mitteilung in der Schrift auch eine Geistige, also Göttliche Mitteilung gibt. Natürliche Menschen aber können diese Göttlichen Botschaften nicht verstehen und so vertiefen sie sich in ihrem Studium rein auf die textlichen Botschaften. Aber nicht nur das, sie ignorieren nicht nur diese Botschaften, also die Entsprechungen auf das Geistige Leben zwischen den Zeilen, sie bekämpfen es sogar und sagen, man dürfe nichts anderes aus der Bibel lesen, als das, was eben textlich geschrieben steht.

Wie wir weiter schon gesehen haben, sind diese Entsprechungen und Gleichnisse das, was das Göttliche des Textes ausmachen.
Gott ist Geist, nicht Materie, also nicht Buchstaben, sondern das Unsichtbare hinter den Buchstaben. Die Buchstaben gehen in den Verstand, in den Kopf, die Geistige Botschaft, also die Entsprechungen, Gleichnisse und deren Bedeutungen in das Herz und können nur dort zum Licht werden.

Nur die Schrift allein

Nun hat Martin Luther ein Wort geprägt, das 500 Jahre überdauert hat und 500 Jahre falsch verstanden wurde: Sola Scriptura. Nur alleine die Heilige Schrift. Weshalb hat er das gesagt? Auf welche Schriften hat er sich bezogen, die nicht beachtet werden sollen? Luther hat mit seinem Die Bibel allein diese vor die unzähligen katholischen Gesetze und Bestimmungen, allem voran den Ablasshandel gestellt, was ja durchaus richtig war. Er wollte damit klarmachen, dass nicht der katholische Ablass von den Sünden erlöst, sondern der Glaube. Das war ursprünglich die Idee Luthers. Heute aber wird dieses Sola Scriptura generell und sehr radikal vor alle Schriften gestellt, welche in irgend einer Weise mit der Religion im weiteren und dem Glauben im engeren Sinn zu tun haben.

Schauen wir uns die Schriten der Katholischen Heiligen, bzw. Wiedergeborenen an, welche rein gar nichts mit Ablass, dem Papst und dessen päpstlichem Gesetztum zu tun haben, so stellen wir fest, dass dort nicht weniger vom Glauben, sogar noch larer vom praktizierten Glauben geschrieben ist als in der Bibel.

Dieses Sola Scriptura trägt heute sonderbare Früchte:

Nur die Schrift ist das inspirierte, unverfälschte und maßgebliche Wort Gottes, die alleinige Richtschnur des Glaubens. 

In der Bibel finde ich (...) diese Dinge nicht und aus diesem Grund existieren sie auch nicht.” (aus dem Forum)

Da jedoch die Bibel das vollständige Wort Gottes ist, und da alles drin steht was wir wissen müssen ...“ (ebenfalls aus dem Forum)

Nur die Schrift ist das inspirierte, unverfälschte und maßgebliche Wort Gottes, die alleinige Richtschnur des Glaubens.“ (Quelle)

Die evangelischen Kirchen lehren ihre Schäfchen, dass a) Gottes Wort sich einzig in der Bibel manifestiert und b), dass die Bibel das vollständige Wort Gottes enthält und weiteres nicht von Belang ist.

Reduktion des Wortes auf die Schrift

Solche extreme Meinungen wie oben zitiert, können dann entstehen, wenn man nicht verstanden hat, was DAS WORT im Eigentlichen ist. DAS WORT hat fürs Erste einmal gar nichts mit der Bibel zu tun. Johannes erklärt uns in seinem Evangelium, was DAS WORT ist: DAS WORT ist GOTT:

„Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort.“ (Kap.1. 1)

Dass Gott Selbst das WORT ist, heisst natürlich nicht, dass die Bibel nicht auch das Wort ist, denn es ist wirklich das geschriebene Wort, von Gott inspiriert, das kann und will auch niemand in Abrede stellen. Aber das heisst natürlich nicht, dass die Bibel auch Gott ist! Die Bibel zeugt von Gott, ist aber nicht Gott! Das WORT ist Gott und Gott hat viele Ausdrucksformen, beziehungsweise viele Möglichkeiten, das Wort (= Sich Selbst) in die Herzen zu geben – die Bibel ist nur eine davon!

Stellen wir uns einmal vor, Gott könne nur durch die Bibel mit uns kommunizieren. Das wäre ein erbärmlicher Gott. Da Gott das Wort ist, ist auch Jesus Christus das Wort, denn Jesus Christus ist Gott. Wenn wir nun sagen, dass Jesus in uns lebt, dann haben wir doch logischerweise auch das Wort in uns. Und wenn Jesus Christus gelehrt hat, dass er einen Tröster senden werde, „der euch alles lehrt“, dann sprach Er vom Heiligen Geist, also auch von Gott. Und dieser Geist, nicht die Materie, sondern der Geist in uns wird uns alles lehren und erinnern. Auch Johannes spricht davon, dass der Heilige Geist und alles lehrt und meint damit den innewohnenden Geist und nicht ein geschriebenes, inspiriertes Wort Gottes:

Und die Salbung, die ihr von ihm empfangen habt, bleibet bei euch, und dürfet nicht, daß euch jemand lehre, sondern wie euch die Salbung allerlei lehret, so ist‘s wahr, und ist keine Lüge; und wie sie euch gelehret hat, so bleibet bei demselbigen.“ (1. Joh. 2. 27)

Nun sagen die Evangelikalen, dass das schon richtig sei, dass Jesus den Tröster sandte, der uns alles lehre. Aber – so sagen sie – dieser Tröster sei nun die Bibel. Wie um alles in der Welt, kommt man zu einer solchen Behauptung? Auch diese Behauptung ist nicht nachzuvollziehen – und doch sagt es der eine dem andern nach ohne nachzudenken, welchen Wahrheitsgehalt diese Aussage haben könnte. Wenn alle es sagen, dann ist es doch automatisch wahr – oder nicht?

Wir sehen ganz klar und deutlich, die Bibel selbst lehrt uns, dass sie selbst nicht die einzige Ausdrucksform Gottes ist und sich Gott nicht darauf beschränkt, einzig und allein nur durch die Bibel zu sprechen und dass es ausserhalb von ihr keine weiteren Aspekte der Wahrheit mehr gebe.

Wer nun das alles in Abrede stellt und weiterhin steif und fest behauptet, Gott spreche n u r  durch die Bibel und alles andere sei vom Teufel, der stopft Gott den Mund. Daran kann nur einer ein Interesse haben und das ist Sein Widersacher, der Teufel.

Eine überaus merkwürdige Lehre ist es, dass die gesamte Weisheit Gottes zwischen zwei Buchdeckel geklemmt sein soll und auf keinen Fall da noch etwas hinzugefügt werden soll, kann, muss  oder darf. Also das ist schon ein bisschen komisch, materielle Teilbereiche der Schöpfung wie Physik, Chemie usw weisen je über zwanzig Tausend Sach- und Lehrbücher auf, und noch immer ist nicht alles aufgeschrieben, was diese Wissenschaften entdeckt hat und noch entdecken wird. Geistige Weisheiten, die Weisheit Gottes soll aber lediglich ein einziges Buch umfassen? – ist das wirklich nicht ein bisschen absurd?

Dazu kommt noch die Forderung, diesem einzigen Buch ja nichts hinzuzufügen. Woher kommt denn das eigentlich? Wer kam oder kommt auf die Idee, der Bibel nichts hinzufügen zu dürfen? Nun, ich weiss natürlich auch, dass in der Offenbarung 21 diese Worte stehen, dass dem Buch der Weissagung nichts hinzugefügt und nichts weggelassen werden soll. Aber da geht es eben um das Buch der Weissagung und nicht um die Bibel. Mit welchem Recht oder in welchem Auftrag dies auf die Bibel übertragen werden kann, ist mir schleierhaft und nicht nachzuvollziehen.

Es gibt sehr viele Aspekte der Wahrheit, welche nicht in der Bibel verzeichnet sind. Und das heisst noch lange nicht, dass diese Aspekte nicht existieren. Dem Buch der Weissagung, also der Offenbarung des Johannes gibt es wohl nichts hinzuzufügen, der Bibel an sich aber sehr wohl! Und das macht Gott Selbst. Wenn da jemand sagt, dass Jesus in ihm lebe, dann hat derjenige doch ein echtes, aufrichtiges Verhältnis zum Himmlischen Vater und dieser wird sich täglich, sogar stündlich kundtun. Gott führt den Gläubigen, Sein Kind, dynamisch, jedes so wie es individuell nötig ist. Mit der statischen Führung durch ein geschriebenes Wort wäre eine individuelle Führung wohl nicht möglich. So geschieht das Hinzufügen zur Bibel täglich und ganz selbstverständlich.

Für die Lehre des Evangelium ist die Bibel natürlich hervorragend. Wie im Aufsatz „Die Geistige Sicht“ schon beschrieben, ist es aber notwendig, die Geistige, die Göttliche Botschaft im Bibeltext zu erkennen um das Evangelium zu verstehen. Nur der Text alleine gibt kaum Erkenntnisse, ausser vielleicht historische und rein materielle Begebenheiten.

Somit dürfen wir die folgende Bemerkung eines Gastes in unserem Forum abhaken, weil sie schlicht falsch ist:

„... da die Bibel Gottes vollständiges Wort ist.“

Die Evangelikalen führen oft ins Feld, dass Paulus geschrieben hat, „... Ihr wisst auch, dass ich euch nichts von dem verschwiegen habe, was gut und hilfreich für euch ist; ich habe euch alles verkündet und habe euch alles gelehrt ...“. Nun, das ist natürlich niemals ein Argument, dass in der Bibel alles stünde, was wir zu wissen nötig hätten. Wie können wir wissen, dass in der Schrift alle protokolliert wurde, was Paulus gelehrt hatte? Mit Sicherheit nicht.

Aufruf Pauli,  weitere Aspekte der Weisheit Gottes zu erlangen

Paulus war es ja selbst, welcher die läubigen dazu aufrief, Neue Offenbarungen zu erlangen. Ist es nun ein Widerspruch, wenn er auf der einen Seite sagt, dass er alles gelehrt habe, was sie wissen müssen und auf der anderen Seite dazu aufrief, weitere Weisheiten zu erlangen? Nein, natürlich ist das kein Widerspruch. Mit seiner Lehre, mit seiner Lehre, seinem Evangelium hat Paulus die Gläubigen auf den richtigen Weg gebracht und durch die weiteren neuen Offenbarungen sollen sie auf diesem Weg weiter geführt werden!

Paulus war klar, dass er niemals für ewig bei seinen Göäubigen bleiben kann. Aber durch die von ihm unabhängigen Weissagungen (neuen Offenbarungen) bleibt die richtige und gesunde Lehre eben erhalten. Und genau diesen Aufruf Pauli, der ja klar und deutlich in der Bibel aufgeschrieben ist, sollen wir uns zu Herzen nehmen. Alle diejenigen, welche noch nach natürliche Weise die Heilige Schrift lesen, dürfen das auch getrost wörtlich nehmen:

Strebet nach der Liebe! Fleißiget euch der geistlichen Gaben, am meisten aber, daß ihr weissagen möget.“

Wer aber weissaget, der redet den Menschen zur Besserung und zur Ermahnung und zur Tröstung.“

Wer mit Zungen redet (sollte mit ‚Sprachenreden‘ übersetzt sein!, H.K.), der bessert sich selbst; wer aber weissaget, der bessert die Gemeinde.“ 

Ich wollte, daß ihr alle mit Zungen (sollte mit ‚Sprachenreden‘ übersetzt sein!, H.K.) reden könntet, aber viel mehr, daß ihr weissagetet. Denn der da weissaget, ist größer, denn der mit Zungen redet, es sei denn, daß er es auch auslege, daß die Gemeinde davon gebessert werde.

Nun aber, liebe Brüder, wenn ich zu euch käme und redete mit Zungen (= fremden Sprachen, H.K.), was wäre ich euch nütze, so ich nicht mit euch redete entweder durch Offenbarung oder durch Erkenntnis oder durch Weissagung oder durch Lehre?

Darum so sind die Zungen (sollte mit ‚Sprachenreden‘ übersetzt sein!, H.K.) zum Zeichen, nicht den Gläubigen, sondern den Ungläubigen; die Weissagung aber nicht den Ungläubigen, sondern den Gläubigen.

„... so sie aber alle weissageten und käme dann ein Ungläubiger oder Laie hinein, der würde von denselbigen allen gestraft und von allen gerichtet. Und also würde das Verborgene seines Herzens offenbar, und er würde also fallen auf sein Angesicht, Gott anbeten und bekennen, daß Gott wahrhaftig in euch sei.

Wie ist ihm denn nun, liebe Brüder? Wenn ihr zusammenkommt, so hat ein jeglicher Psalmen, er hat eine Lehre, er hat Zungen( auch hier: fremde Sprache, H.K.), er hat Offenbarung, er hat Auslegung. Lasset es alles geschehen zur Besserung!

Die Weissager aber lasset reden, zween oder drei, und die andern lasset richten.

So aber eine Offenbarung geschieht einem andern, der da sitzet, so schweige der erste.

Ihr könnet wohl alle weissagen, einer nach dem andern, auf daß sie alle lernen und alle ermahnet werden.

Darum, liebe Brüder, fleißiget euch des Weissagens und wehret nicht, mit Zungen zu reden.

Nun, das sollte eigentlich keine Fragen mehr offenlassen! Wenn ein Kirchendiener auch nur im Ansatz ein bisschen bibeltreu ist, dann hat er mit dem hier zitierten elf Versen des 14. Kapitel im 1. Korintherbriefes begriffen, dass Weissagungen und Offenbarungen (wie von Jakob Lorber, Emanuel Swedenborg u.v.a. wie auch zeitgenössische Kundgaben und die geistchristlichen Gemeinden) nicht automatisch vom Teufel sein müssen!

Zwei Anmerkungen

Erstens muss jedoch angemerkt werden, dass es durchaus auch Kundgaben von sog. Lichtgestalten, welche sich als Engel Gottes ausgeben, gibt. Das sind die Channelings meistens durch „aufgestiegende Meister“ oder jene, welche sich als Christus ausgeben, wie die Kundgaben von Anita Wolf u.a. Solches ist dämonisch, der Gläubige aber erkennt das sehr schnell.

Zweitens noch ein Wort zum „Zungenreden“, wie das Luther eben auch falsch, bzw. unklar übersetzte und heute als das Lallen bekannt ist und so in den charismatischen Gemeinden praktiziert wird. Das ist ebenfalls vom Teufel und hat mit dem „Zungenreden“, wie es Paulus lehrte, nichts zu tun. Es geht um das Sprachenreden. Leider habe ich diese Gabe (noch?) nicht, könnte sie hier in Brasilien aber bestens gebrauchen. Denn mein Portugiesisch ist nicht perfekt. Mit der Gabe aber würde dieses Magelhafte aufgehoben und mein sprachliches Zeugnis wäre dann perfekt. Siehe Apg. 2. 3 ff: „Und es erschienen Zungen, die sich zerteilten, wie von Feuer, und setzten sich auf einen jeglichen unter ihnen. Und sie wurden alle vom heiligen Geist erfüllt und fingen an in andern Zungen zu reden, wie der Geist es ihnen auszusprechen gab. Es wohnten aber zu Jerusalem Juden, gottesfürchtige Männer, aus allen Völkern unter dem Himmel. Da aber dieses Getöse entstand, kam die Menge zusammen  und wurde bestürzt; denn jeder hörte sie in seiner eigenen Sprache reden.“


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Jesus segne Dich!